Donnerstag, 29. November 2007

Bundeskartellamt setzt klaren Maßstab für das Unter-Einstandspreis-Verbot

Pressemeldung des Bundeskartellamtes vom 30.10.2007

Das Bundeskartellamt hat mit Beschluss vom 25. Oktober festgestellt, dass das EDEKA-Tochterunternehmen Netto Marken-Discount gegen das Verbot des nicht nur gelegentlichen Verkaufs unter Einstandspreis verstoßen hat. Das Bundeskartellamtes hat hier präzisiert, dass ein Verstoß gegen das „nicht nur gelegentliche“ Anbieten zu Unter-Einstandspreisen immer dann vorliegt, wenn ein solches Angebot in mehr als in drei Kalenderwochen innerhalb eines halben Jahres angeboten wird.

Das Unternehmen hat im Dezember 2006 und im Januar und Februar 2007 verschiedene Milchprodukte unter den jeweiligen Einstandspreisen angeboten. Die Verkaufspreise lagen teilweise bis nahezu 40% darunter. Netto Marken-Discount hat innerhalb eines Zeitraumes von zehn Wochen mindestens vier – jeweils einwöchige - Werbeaktionen in ihrem gesamten Verkaufsgebiet durchgeführt. Damit lagen keine „nur gelegentlichen“ Einzelaktionen vor, sondern anhaltende Aktionen, die geeignet waren, kleine und mittlere Wettbewerber der EDEKA zu behindern. Auch kurzfristige Angebote fallen unter das Kriterium „nicht nur gelegentlich“, wenn sie – mit Unterbrechungen – über einen längeren Zeitraum fortgeführt werden. Im Wiederholungsfall droht EDEKA nun ein Bußgeldverfahren.

Kartellamtspräsident Dr. Heitzer: „Dieser Fall zeigt einmal mehr, dass das Bundeskartellamt mit dem derzeit geltenden Instrumentarium in der Lage ist, das Ziel des Schutzes kleiner und mittlerer Unternehmen vor Verdrängung durch marktmächtige Unternehmen zu erreichen. Mit dem hier gesetzten klaren Maßstab wird einerseits für marktmächtige Unternehmen Rechtssicherheit geschaffen und andererseits die effektive und zügige Durchsetzung des Rechts zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen verbessert. Da nicht auf Dauer angelegte Werbeaktionen weiterhin möglich bleiben, kommt dies auch dem Verbraucher zugute.“

Bundeskartellamt untersagt Erwerb von Anteilen des Landes Rheinland-Pfalz an der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH

Pressemeldung des Bundeskartellamtes vom 29.11.2007

Das Bundeskartellamt hat den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung von 51% durch das Land Rheinland-Pfalz an der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH untersagt. Die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH ist die einzige Lottogesellschaft in Deutschland, an der noch keine staatliche Mehrheitsbeteiligung besteht. Anteilseigner sind derzeit die drei rheinland-pfälzischen Sportbünde.

Die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH verfügt mit ihren Lotterieprodukten wie Zahlenlotto, Spiel 77, Super 6, Keno und GlücksSpirale, die sie über mehr als 1.200 Annahmestellen vertreibt, auf dem rheinland-pfälzischen Lotteriemarkt über eine marktbeherrschende Stellung. Mit der Nord- und der Süddeutschen Klassenlotterie, den beiden Fernsehlotterien Aktion Mensch und ARD-Fernsehlotterie sowie über die gewerblichen Spielvermittler existiert auf diesem Markt nur ein geringer Restwettbewerb. Zudem bestehen wegen der starken Regulierung von Lotterien durch den geltenden Lotteriestaatsvertrag und den zukünftigen Glücksspielstaatsvertrag, der am 1. Januar 2008 in Kraft treten soll, hohe rechtliche und tatsächliche Marktzutrittsschranken.

Durch die Mehrheitsbeteiligung des Landes Rheinland-Pfalz wäre es zu einer Verstärkung dieser marktbeherrschenden Stellung gekommen. Stärkster Wettbewerber auf dem rheinland-pfälzischen Lotteriemarkt ist die Süddeutsche Klassenlotterie, die von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen getragen wird. Durch den Zusammenschluss wäre eine strukturelle Verbindung zwischen Lotto Rheinland-Pfalz GmbH und Süddeutscher Klassenlotterie entstanden, die den bisher bestehenden Wettbewerb weitgehend beseitigt hätte. Da die Trägerländer der Süddeutschen Klassenlotterie mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz zudem die jeweiligen Landeslottogesellschaften kontrollieren, wäre auch der aktuelle und potenzielle Wettbewerb zwischen der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH und den Landeslottogesellschaften dieser Trägerländer vermindert worden. Dies hätte nicht nur die marktbeherrschende Stellung der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH auf dem rheinland-pfälzischen Lotteriemarkt weiter abgesichert, sondern auch zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellungen der Landeslottogesellschaften der fünf anderen Trägerländer auf den jeweiligen Landeslotteriemärkten geführt.

Das Bundeskartellamt hat mit dieser Entscheidung erneut deutlich gemacht, dass auch stark regulierte Bereiche wie das Glücksspielwesen keine "wettbewerbsfreien Zonen" sind. Das Kartellrecht, hier die Fusionskontrolle, ist ohne Einschränkungen anwendbar.